Meine Gäste sind nun seit 10 Tagen in Deutschland. Zu den ersten Maßnahmen gehörte zu den bereits genannten die Erklärung des Sozial- und Solidaritätsprinzips. Ich bin der Auffassung, dass dies wenn überhaupt viel zu spät für Migranten angeboten wird. Es ist doch wichtig zu wissen, dass wir ein Umlagesystem für die Sozialversicherungen haben, woraus die Mittel für die Gäste finanziert werden. Viele Menschen haben vermutlich den Eindruck, dass Deutschland so reich und stark ist, dass alle Ausgaben aus Steuereinnahmen beglichen werden können. Ich finde es soll verdeutlicht werden, dass jeder arbeitende Bundesbürger so seinen Beitrag leistet. Auch die Wut vieler Deutscher muss nicht verstanden werden, aber die Nachvollziehbarkeit sollte vorhanden sein. Die Vermittlung unserer Systeme und Werte ist mindestens genauso wichtig wie das Erlernen unserer Sprache.In der kommenden Woche wir L. ein Vorstellungsgespräch in einer Fabrik haben. Sie nimmt jede Arbeit an und sie möchte so wenig wie möglich Unterstützung bekommen. Ihr ist bewusst, dass der Anteil der Unterstützung mit zunehmenden Verdienst geringer wird und auch irgendwann aufhört. N. wird seine Klausuren für das Abitur in der Ukraine sicher bestehen, denn er ist sicher ein hochintelligenter Kerl, was ein gewisses Lerngefälle beim Deutschunterricht in der Küche zur Folge hat. Keine […]
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Wir nutzten die lange Fahrt, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, sofern das in einem Neunsitzer möglich ist. Sprachlich halfen uns die zunächst spärlich erscheinenden Englischkenntnisse des siebzehnjährigen Jungen (N.). Die Mutter (L.) sprach lediglich ukrainisch und russisch. Wir hielten uns mit gegenseitigen Fragen über Angehörige, Kriegsszenarien oder politischen Äußerungen zurück. Nachdem wir den 13.04. ein paar Stunden geschlafen hatten, trafen wir uns bei mir zuhause in der Küche und aßen ein paar Kleinigkeiten. L. und N. berichteten von ihrer viertägigen Anreise von Charkiw nach Pschemysl, während wir erste Übersetzungstechniken mit dem Smartphone einstudierten. Putins Truppen wüteten besonders in der Heimatstadt Charkiw und L. beschloss, mit ihrem Sohn nach Deutschland zu flüchten. Sie verließen das zerbombte Mehrfamilienhaus, in dem sie ein kleines Zweizimmer-Apartment bewohnten. In die zwei Rücksäcke und eine Reisetasche packten sie eine sorgfältig gewählte Selektion von Kleidungsstücken, Hygieneartikel und Dokumentenordner. Ohne Blick auf die zurückgebliebene Ruine machten sich L. und N. auf den Weg. Ein überfüllter Zug führte durch einen Fluchtkorridor nach Lwiw. Die Reise dauerte knapp zwei Tage. Die Flüchtlinge schliefen im Zug an jeder Stelle, die es erlaubte, sich einigermaßen ungestört niederzulassen. L. benötigte noch zusätzliche Dokumente, die sie bei einer Freundin abholen wollten. So reisten beide über […]
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Der Ort „Pschemysl“ ist uns bereits auf dem Hinweg aufgefallen, weil sich nahe der Hauptstraße ein riesiges Einkaufszentrum befand, auf dessen Parkflächen man Zelte, Container sowie Reisebusse erkennen konnte. Es ist das Flüchtlingslager, in das wir von einem Volontär in Medyka geschickt wurden, um uns als Freiwillige zu registrieren, um dann anschließend in Medyka helfen zu können. Auf den ersten Blick wurde deutlich, dass sich viele Transportfahrzeuge im Kreisverkehr der Halle bewegten, um Flüchtlingskontingente aufzunehmen, um sie anschließend in Flüchtlingsaufnahmelager nach Italien, Frankreich oder Deutschland zu bringen. Wie waren uns sicher, am richtigen Ort zu sein. Das gesamte Areal war besser organisiert und nach einem definierten Prozess aufgebaut. Außerhalb des Gebäudes befanden sich Registierungszelte, Dusch- und Toilettencontainer. An der Front des Einkaufszentrums haben sich Helfer oder Organisationen positioniert, bei denen sich sowohl Flüchtlinge als auch Fahrer von Transportfahrzeugen mit Getränken, Nahrung, Gewürzen, usw. eindecken konnten. Immerhin haben auch die abholenden Personen vermutlich ähnlich wie wir weite Wegstrecken zurückgelegt.Das Gebäude besaß zwei Eingänge, die sich an den äußeren Ecken befanden. Beide Pforten waren durch Security besetzt und es durften nur Flüchtlinge sowie registrierte Helfer in das Gebäude. Immerhin handelte es sich um einen nach innen offenen monströsen Intimbereich von unzähligen Personen. […]
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Nachdem wir unser medizinisches Transportgut wie beschrieben abgegeben haben, suchten wir uns außerhalb von Warschau einen Platz, auf dem wir pausieren und etwas essen konnten. Wir waren schon leicht erschöpft, wobei die schwierigste Aufgabe noch vor uns lag. Um es kurz zu machen, man kann in einem Neunsitzer nicht schlafen. Auf jeden Fall gilt das für ungeübte Fernfahrer. Wir fuhren über Landstraßen bis Medyka. Die Qualität dieser Wege ist deutlich schlechter als die polnischen Autobahnen. Gegen Morgen kamen wir in Medyka an. Wir suchten uns eine Raststätte, um noch einmal zu essen und etwas Kaffee zu uns zu nehmen, dann fuhren wir noch ein paar Kilometer in Richtung Grenzübergang.Dort angekommen konnte man das Hilfslager aus der Ferne erkennen. Es glich auf dem ersten Blick einem Flohmarkt, mit vielen bunten Wimpeln und Fahnen auf und an den Zelten. Wir näherten uns der Zufahrtstraße und einem Kreisel. Ein Volontär deutete uns, irgendwo zu parken. Uns ist direkt ein langer Stadtverkehrsbus aufgefallen. Er trug große Schriftzüge mit dem Städtename „Paderborn“ auf den Seitenflächen. Später haben wir erfahren, dass Paderborn scheinbar eine Partnerstadt von „Pschemysl“ (ein Nachbarort) ist. Schön zu sehen, dass Partnerschaft nicht nur aus Hinweisschildern, gegenseitigen Besuchen und Feiern besteht. Nachdem wir […]
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Am 11. April war es dann so weit. Bis zum letzten Augenblick wurden Sachspenden geliefert, die wir natürlich noch aufgenommen haben. Nachdem das Auto beschriftet wurde und wir die Checkliste für die Abfahrt durchgegangen waren, setzten wir uns nach Warschau in Bewegung. Es lagen insgesamt mehr als 3000 km vor uns und wir haben geplant, ohne Übernachtung durchzufahren, bis wir wieder mit aufgenommenen Flüchtlingen zurück in Andernach sind. Die Stimmung war prima und die Vorbereitungen ordentlich abgeschlossen. Motiviert fuhren wir in Richtung Warschau. Da der genaue Übergabestandort zum Zeitpunkt der Abreise noch nicht feststand, hielt ich die Verbindung mit dem deutschen Konsulat in Warschau. Der sehr hilfsbereite Mitarbeiter im Amt vermittelte eine Spedition, die unsere Güter weitertransportieren würden. Durch die Empfehlung des Konsulats hatten wir Vertrauen und ein sehr gutes Gefühl. Nachts um 01.00 Uhr kamen wir nach knapp 1300 km in Warschau an. Wir standen vor der angegebenen Adresse und wunderten uns über diesen Ort. Es handelte sich um eine sehr lange und hohe Mauer, die ein größeres Areal ohne erkennbare Bebauung umfasste. In der Erwartung einer Lagerhalle, die man einer Spedition zuordnen konnte, umfuhren wir mehrmals das Areal. Vergebens. Wir riefen die genannte Ansprechpartnerin an, mit der ich […]
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Obwohl es sich bei dem Vorhaben um ein zunächst kleine Transportfahrt handelte, mussten bedingt durch die spezielle Situation vor Ort Vorbereitungen getroffen werden. Diese Initiative besaß alle Merkmale eines kleinen Projektes, weshalb wir eine entsprechende Vorgehensweise gewählt haben. In einem ersten Schritt haben wir Ziele benannt und daraus die wichtigsten Fragestellungen abgeleitet. Neben den klassischen Fragen der Fahrzeugbeschaffung, der Proviantliste, usw. kamen Fragen auf wie bspw.: • Welche Dokumente müssen von uns/von den Flüchtlingen vorbereitet werden? • Ist der Transport versichert? • Welchen Proviant müssen wir für Kleinkinder oder Babys einplanen? • Benötigen wir eine Reisetoilette für Flüchtlinge, die in den vergangenen Tagen/Wochen verdorbene oder schmutzige Nahrung aufgenommen haben? • Wie können wir sicherstellen, dass sich keine Waffen im Gepäck befinden? • Usw. Aus unzähligen Fragen haben wir Handlungsfelder abgeleitet und einzelne Maßnahmen aufgeführt, die erledigt werden müssen. Wir haben das Team etwas erweitert (Person möchte nicht genannt werden) und die Aufgaben so verteilt, dass jedes Mitglied seine Kompetenzen einbringen konnte. So konnten wir in 6 Handlungsfeldern 41 Aufgaben einsortieren. Neben regelmäßigen Treffen haben wir eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, die unsere Kommunikation sicherstellte. Man kann Social Media Kanäle verteufeln und kritisieren, für die Zusammenarbeit aus unterschiedlichen Standorten sind diese Instrumente essenziell. […]
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Bereits vor Jahren habe ich es mir zu eigen gemacht, beim Frühstück die Nachrichten anzuschauen. Ich verfolgte mit besonderem Interesse die Entwicklungen in der Ukraine, die sich ja seit der Durchführung größerer Manöver an den ukrainischen, russischen und belarussischen Grenzen verschlimmerten. Obwohl die Schlinge immer enger wurde, haben die wenigsten Menschen daran geglaubt, dass Putin in die Ukraine einfallen wird. Viel zu schwach sei die Wirtschaft, einen solchen Feldzug mit anschließender dauerhaften Besetzung des Landes zu finanzieren. Am 24. Februar begann die Zeitenwende. Mit den ersten Angriffen liefen die ersten Bilder von flüchtenden Menschen über den Bildschirm. Die Reportage, bei der ein weinender kleiner Junge die Gasse an der Grenze in Medyka entlang ging, prägte sich besonders bei mir ein. Es hieß, er sei ohne Eltern über die Grenze gekommen. Sein weinen und diese erwachsene Körperhaltung, die Angst, Wut, Verzweiflung, Anklage und Einsamkeit zugleich in einem kleinen Kinderkörper ausgedrückt hat, sägte sich in meine Seele. An diesem Vormittag ist etwas in mir passiert. Ich habe mich schlecht gefühlt und ich wusste, dass ich das ändern möchte. An den folgenden Abenden erzählte ich meinen Freunden von meiner Absicht, Flüchtlinge aufzunehmen. Allerdings habe ich nicht beabsichtigt, mir einfach Familien zuweisen zu lassen. […]
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Die Spannung steigt. Am Montag startet wir den Hilfstransport und den Flüchtlingsrücktransport ukrainischer Flüchtlinge. Wie nutzen die Gelegenheit, uns bei allen einzelnen Spendern zu bedanken. Dank der Spenden konnten wir folgende Artikel beschaffen bzw. wurden geliefert: Tupfer/Kompressen Salben Spritzenmaterial Kanülen Verweilkanülen Einmalhandschuhe Schmerzmittel Blasenkatheter inklusive Instillagel und Beutel Baby Windeln Damen-Binden Händedesinfektionsmittel Schutzkittel Chirurg. Instrumente First Aid Kits Rettungsdecken Antidekubitus Spezialverbände Spezialverbände sonstige Chirurgisches Instrumentarium für Traumachirurgie sterile OP-Kittel/Abdecktücher Hygieneartikel (Damen und Herren) Pampers usw. Wir halten Euch gerne auf dem Laufenden. Danke!
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