Gerd Baunach
Vielleicht lag es daran, dass ich meinen Vater nie kennenlernte. Er starb 1942, ein Jahr nach meiner Geburt und während des Zweiten Weltkrieges. Väter waren es, die Ihre Prägung im Hinblick auf die Berufswahl gerade ihren Söhnen verpassten.
Ich besuchte die Andernacher Volksschule und es war vermutlich meiner Ausbildung zum Koch geschuldet, dass ich viele Jahre meines Lebens eigene Gastronomie betrieb.
Ich wechselte fast jährlich meinen Standort und lernte verschiedene Küchen. Selbst indonesische Speisen konnte ich zubereiten. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser vielen Stationen zog es mich immer nach Andernach. In Gaststätten wie beispielsweise das „Old in“, „Der Alte Hut“, das „Weindorf“, der „Club Galerie“, der „Blues-Keller“ und auch das „Panoptikum“ ging ich meiner Tätigkeit als Gastwirt nach, wenn auch manchmal eigentümlich. Ich erinnere mich gut an meine „Unternehmensphilosophie“, der Gastgeber ist König. Diese Rolle wurde nicht automatisch dem Kunden zugeordnet. So füllte ich zur anfänglichen Verwunderung meiner Gäste oft zuerst mein eigenes Glas, bevor ich meine Arbeit als Gastwirt verrichtete. Alles scheine ich dabei nicht falsch gemacht zu haben, denn ich konnte alle meine Gastronomiebetriebe gut gehend an Nachfolger übergeben.
Gerne spielte ich auf mehreren Hochzeiten. So verkaufte ich über 30 Jahre die größten und schönsten Weihnachtsbäume in der Altstadt. Genauso lange betrieb ich Handel mit Antiquitäten in Andernach und auch andernorts. Ich plane die Eröffnung meines letzten Geschäftes in der Andernacher Hochstraße am 10. Juli.
Ich träumte vom Erfolg, an das große Geld war nicht zu kommen. Geld bedeutete für mich immer Sicherheit. Es soll die Lebenskosten decken und wenn es gut läuft, sollte ab und zu mal ein kurzer Urlaub mit meiner Frau möglich sein, mit der ich bereits seit 43 Jahren verheiratet bin.
Kaum einer würde es mir abnehmen, aber ich sitze heute regelmäßig in der alten Barockkapelle am Stiftshospital und lese aus meinem Büchlein. Ich führe Dialog mit dem da oben. Heute weiß ich, alles ging bisher gut, weil er unterstützt hat.
Ein Leben als Angestellter, wie es für viele Menschen erstrebenswert ist, kam für mich nie in Frage. Alle meine Umwege führten zu einer großen Ortskenntnis des Lebens. Meine Berufung war es, so zu leben wie ich es wollte. Solch ein Leben zu führen hat viel mit Kunst zu tun. Halt Lebenskunst.