Rene Riedel Der Silvesterabend begann entspannt und verlief zunächst wie geplant im Kreise meiner Familie und Freunde. Wie der Großteil aller Bundesbürger begaben wir uns gegen Mitternacht ins Freie, um auf das neue Jahr anzustoßen und das Feuerwerk zu genießen. Es begann. Die ersten Knallkörper waren zu hören und die Menschen lagen sich in den Armen. Ich fing unvermittelt an zu zittern, bekam Schweißausbrüche und kam mir vor, als wäre ich im Gefecht. Diese „Flashbacks“ sind Gefühle des intensiven Wiedererlebens von traumatischen Erlebnissen, in diesem Fall ausgelöst durch die Knallkörper der feiernden Menschen. Dieser Zustand hielt mehrere Stunden an und wurde irgendwann schwächer. In den folgenden Wochen habe ich kaum geschlafen und suchte den Arzt auf. Er verwies mich an einen Facharzt, der diagnostizierte eine Posttraumatisches Belastungssstörung (PTBS), was übersetzt eine verzögerte psychische Reaktion auf ein belastendes Ereignis bedeutet. Ich bin 38 Jahre alt, habe eine 11- und eine 14- jährige Tochter und lebe getrennt. Ein Handwerksberuf und Ausbildungen zum IT-Systemelektroniker sowie Technischen Kommunikationselektroniker qualifizierten mich für den speziellen Fernmeldedienst der Bundeswehr. In meinen 18 Dienstjahren schaue ich auf mehr als 3 Jahre Auslandseinsatz im Kosovo, dem Kongo und Afghanistan. Mit meinen Kameraden war ich verantwortlich für das System zwischen […]
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Sabine Thomann Obwohl es meine erste Schwangerschaft war, wusste ich, dass etwas anders ist als man es in Vorbereitungskursen und aus Erfahrungsberichten erfährt. Mein Bauch war in der 24. Schwangerschaftswoche so aufgebläht und groß, dass wir direkt zur Uni-Klinik nach Bonn gefahren sind. Nach gründlicher Untersuchung fand man einen Fehler im Magen-/ Darm-Trakt des Kindes, was auf ein Down-Syndrom hingewiesen hat. Mit der wenig empathisch übermittelten Diagnose wurde mir direkt ein Termin für einen Schwangerschaftsabbruch mitgeteilt. Ich gab klar zu verstehen, dass wir keine Abtreibung wünschen. Für meinen Mann und mich war immer klar, dass wir unser Kind annehmen werden, egal welche Erkrankungen und Erschwernisse es mitbringt. Um die Diagnose zu sichern wurde eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt. Wir beobachteten, wie Jann sich im Mutterleib mit dem Rücken gegen die eindringende Nadel wehrte, egal aus welcher Richtung sie kam. Für mich war klar, Jann will leben. Die Narben auf seinem Rücken sind heute noch zu sehen und bezeugen den Lebenswillen unseres Sohnes. 90 Prozent der Eltern von Kindern mit Down-Syndrom lassen abtreiben und ich gebe zu, meine Hoffnung bestand trotz der eindeutigen Tests weiterhin, dass es sich nicht um Trisomie handelt. Wir haben Jann angenommen. Damit meine ich nicht nur wir als […]
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Simone Wetzel Alles begann mit harmlos erscheinenden Kopfschmerzen, wie sie Angestellte in der Altenpflege häufig durch Überlastung haben. Die Schmerzen verschlimmerten sich in den folgenden Tagen und ich steigerte zunehmend die Dosis meiner Schmerzmittel. Zu den immer intensiver werdenden Schmerzen stellten sich Gleichgewichtsstörungen und Schwindel ein. Ich suchte einen Hals-/ Nasen-/ Ohrenarzt auf, der jedoch keinen Befund erheben konnte. Am folgenden Tag gesellten sich eine Sichtfeldeinschränkung und ein stechender Schmerz in den Augen dazu und ich schleppte mich mit letzter Kraft zu meiner Hausärztin. Ich erinnere mich nur noch daran, dass sie mir in die Augen leuchtete. Ich erwachte in der Rhein-Mosel-Fachklinik zwischen Ärzten und CT-Bildern. Während des kurzen wachen Moments hatte ich Todesängste, weil ich einen Hirntumor vermutete. Was passiert mit mir? Wer kümmert sich um meinen fünfjährigen Sohn? „Keine Ahnung was es ist“ und „…das ist eine tickende Zeitbombe“ waren die letzten Worte, bevor ich die Besinnung verlor. Was in den folgenden Stunden und Tagen passierte, habe ich selbst nur durch Erzählungen erfahren. „Hey, Sie hatten großes Glück“ waren die Worte, die mich weckten. Um mich herum piepste es, es leuchteten grelle Lichter und es führten zahlreiche Schläuche in meinen Körper hinein und auch heraus. Ich war auf […]
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Rita Gail Als pädagogische Fachkraft in einer Förderschulschule lernte ich Justin vor acht Jahren kennen, als er mit 7 Jahre eingeschult wurde. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass Justin einen bösartigen, inoperablen Hirntumor sowie Metastasen im Spinalkanal hatte. Diese Erkrankung sowie die Nebenwirkungen der Chemotherapie wirkten sich u. a. auf seine Lernfähigkeit und auf sein Verhalten in Form von höchster Aggressivität aus. Es war unmöglich, Justin im Klassenverbund zu unterrichten. Ich beschloss, mich für die Durchführung in Form von Einzelförderung für ihn einzusetzen. In Justins erstem Schuljahr durfte ich ihm die Kulturtechniken sowie bestimmte Verhaltensregeln in entspannter Atmosphäre näherbringen, sodass er ab dem zweiten Schuljahr wieder im Klassenverbund gefördert werden konnte. Seine Prognose war mehr als schlecht, denn seine Erkrankung ließ es bald nicht mehr zu, die Schule zu besuchen. Die Familie von Justin verfügte nicht über die Mittel und Rahmenbedingungen, ohne fremde Unterstützung Betreuung und Versorgung zu leisten, wie es den Anforderungen gerecht gewesen wäre. So beschloss ich, die Familie bei allen zukünftigen Herausforderungen zu unterstützen. Die dringlichste Aufgabe bestand in der Umstrukturierung der häuslichen Situation, die Justin einen barrierefreien Zugang zu Küche und Badezimmer garantierten sollte. Durch einen Spendenaufruf im sozialen Netzwerk, in RZ, Blick aktuell sowie […]
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Ruth Fendel Ich fand früh heraus, dass es mich nicht zufriedenstellte, Prominente wie Boris Becker, Udo Lindenberg, Michael Jackson oder den AC Mailand zu bewirten. Auch musste ich als Hotelfachfrau nicht zwingend in einer Metropole wie München arbeiten. Mein Ziel war es, als Gesicht eines eigenen Restaurants oder Hotels wahrgenommen zu werden. Durch einen Geschäftskontakt meines Vaters wurde ich auf den Merowinger Hof in Andernach aufmerksam. Ich habe mich direkt in das romantische Gebäude verliebt und war mir zu 100 Prozent sicher, dass dieser Betrieb meine erfolgreiche berufliche Karriere bedeuten wird. Ich verfügte über ein ausreichendes Startkapital, um den Merowinger Hof zu erwerben und das Geschäft nach und nach aufzubauen. Gemeinsam mit Jens, mit dem ich bereits fünf Jahre vor dem Kauf des Hofes in fester Beziehung stand, machten wir uns auf den Weg nach Andernach und überlegten uns in einem Eiscafé in der Hochstraße, ob wir für die Andernacher Kultur die richtige Passung mitbringen. Wir bekamen ordentlich Bammel, trösteten uns aber mit dem Gedanken, dass wir in den ersten Monaten und Jahren sowieso keine Zeit bekommen würden, einen Fuß vor die Tür des Weinhofes zu setzen. Außerdem hatten wir geplant, das Geschäft nicht länger als 10 Jahre zu betreiben. […]
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Gerd Baunach Vielleicht lag es daran, dass ich meinen Vater nie kennenlernte. Er starb 1942, ein Jahr nach meiner Geburt und während des Zweiten Weltkrieges. Väter waren es, die Ihre Prägung im Hinblick auf die Berufswahl gerade ihren Söhnen verpassten. Ich besuchte die Andernacher Volksschule und es war vermutlich meiner Ausbildung zum Koch geschuldet, dass ich viele Jahre meines Lebens eigene Gastronomie betrieb. Ich wechselte fast jährlich meinen Standort und lernte verschiedene Küchen. Selbst indonesische Speisen konnte ich zubereiten. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser vielen Stationen zog es mich immer nach Andernach. In Gaststätten wie beispielsweise das „Old in“, „Der Alte Hut“, das „Weindorf“, der „Club Galerie“, der „Blues-Keller“ und auch das „Panoptikum“ ging ich meiner Tätigkeit als Gastwirt nach, wenn auch manchmal eigentümlich. Ich erinnere mich gut an meine „Unternehmensphilosophie“, der Gastgeber ist König. Diese Rolle wurde nicht automatisch dem Kunden zugeordnet. So füllte ich zur anfänglichen Verwunderung meiner Gäste oft zuerst mein eigenes Glas, bevor ich meine Arbeit als Gastwirt verrichtete. Alles scheine ich dabei nicht falsch gemacht zu haben, denn ich konnte alle meine Gastronomiebetriebe gut gehend an Nachfolger übergeben. Gerne spielte ich auf mehreren Hochzeiten. So verkaufte ich über 30 Jahre die größten und schönsten […]
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Michael Krupp Mit 16 Jahren wollte ich eigentlich Tontechniker werden, doch unter dem Einfluss meiner Eltern und eines Berufsberaters erlernte ich schließlich den Beruf des Bankkaufmanns. Die Sparkasse Bonn (später die Sparkasse KölnBonn) sollte dann 43 Jahre lang mein Arbeitgeber bleiben. Andernach bedeutet für mich „Jehöchnis“, d.h., dass ich mich hier geborgen und gut aufgehoben fühle. Mit den hiesigen Rahmenbedingungen kann ich mich in Einklang bringen. So geht es auch meiner Frau Isabell, mit der ich seit 1980 verheiratet bin und drei Kinder habe. Der Beruf des „Bankers“ ist zwar bodenständig, steckt der individuellen Fantasie aber enge Grenzen. Meine musisch-kreative Seite kam so verständlich zu kurz. Gut, dass es die Freizeit gab. Als Autodidakt erlernte ich schon als Jugendlicher Gitarrengriffe – mein erstes begleitetes Lied: „Hohe Tannen weisen die Sterne“. Da mir das Reimen und Erarbeiten von Melodien im Blut liegen, war ich schon bald in der Lage, erste eigene Lieder zu schreiben, sie zu singen und mich dabei zu begleiten. Später nutzte ich dazu auch die Möglichkeiten eines Keyboards. In meinen Songs beschrieb ich zunächst, zum Teil kritisch, zum Teil mit Humor, Lebensmomente und Erfahrungen. In den letzten Jahren beschäftigte ich mich in den Texten mit meiner näheren Heimat, […]
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