Fabian Triesch
Am 10. Februar 2014 lag ich auf dem Bett und hörte eine Predigt von Wilhelm Pahls an. Meine Depri-Phase, dauerte nun schon zwei Wochen an und ich zog mich zunehmend zurück, isolierte mich. Ich hatte es mir zu Eigen gemacht, im häuslichen Umfeld zu trainieren und dabei Predigten anzuhören. Ich wollte gerade aufstehen, um das Eisen zu bewegen, als eine heftige und neue Umarmung mich erneut zum Liegen brachte. Eine Stimme sprach deutlich zu mir „Bleib liegen und höre zu“. Irritiert lauschte ich dem Hörbuch. Mein schneller Puls beruhigte sich wieder und ein übernatürliches Wohlgefühl, dass vom Kopf bis in die Beine zog öffnete mir Ohren, Herz und jede Pore für die Worte, in denen es um Gottes Vergebung und Liebe ging. Ich verstand sofort. Ich war wiedergeboren.
Ich blicke auf eine sehr großartige Kindheit zurück und bin sehr glücklich, dass meine Eltern und meine vier Jahre ältere Schwester gesund sind und somit unsere Familie noch vollständig ist. Ich wuchs in einem kleinen hessischen Dorf auf, das sogar über ein eigenes kleines Freibad verfügte. Mein Leben fand somit „draußen“ statt. Gemeinsam mit Freunden orientierte ich mich an sportlichen Zielen und es war mein größter Wunsch, Fußball Profi zu werden. Kurz gesagt lebte ich an der Oberkante einer Komfort-Zone, für die meine Eltern hart gearbeitet haben. Schon damals spürte ich etwas, dass ich für Ehrgeiz hielt. In Wahrheit war es ein pathologisches Leistungsdenken, dass mein Leben zukünftig prägen sollte. Ein guter Fabian ist nur ein Fabian, der auch gute Ergebnisse erzielt. Es wurde alles versucht und ich wollte gut sein, um allen zu gefallen. Versagensängste und Perfektionismus konkurrierten kontinuierlich in mir. Leider verletzte ich mich so häufig, dass eine Karriere als Leistungssportler trotz des zweifellos vorhandenen Talents nun ausgeschlossen war. Mein Wunsch war es nun, das Abitur zu machen, um danach in den polizeilichen Dienst einzutreten. Bedauerlicherweise bezog sich mein Leistungsprinzip nicht auf meine schulischen Interessen. Meine Eltern erkannten dies früh und bewegten mich dazu, nach der mittleren Reife eine Ausbildung zum Speditionskaufmann zu absolvieren. Während dieser Zeit bog ich falsch ab und begann schon sehr früh, Drogen wie Marihuana und Alkohol im großen Stil zu konsumieren. In dieser Zeit lernte ich auch meine Freundin kennen, mit der ich bis zum 29. Lebensjahr, aber auch mit vielen Unterbrechungen zusammen war. Nach meiner Ausbildung arbeitete ich sogar in der Firma ihres Vaters im Garten- und Landschaftsbau. Ich lernte schnell, das gute Geld für schlechte Dinge auszugeben und begann, meine Freundin zu betrügen. Ich habe mich zu dieser Zeit auch selbst betrogen. Meine Lügen wurden häufiger und verletzender. Ich lernte aus diesem Verhalten Profit zu ziehen und hatte in diesem Punkt seltsamerweise keinerlei Versagensängste in mir gespürt. Ich ließ es richtig knallen, war süchtig nach Drogen, Sex und Profit. Profit, den ich aus Lügen generierte. Ich trennte mich endgültig von meiner Freundin, und obwohl wir solange ein Paar waren und Ihre Familie auch meine war, stellte sich spät, aber früh genug heraus, dass sie nicht die richtige Frau für mich war.
Mein Vater stellte mir in dem großen Elternhaus eine Wohnung zur Verfügung und ich kehrte dort hin zurück. Ich fing an zu verarbeiten, was hinter mir lag und traf einen Freund, ein Lehrer, der sehr gläubig war und mir immer von Gott erzählte. Ich war sehr beeindruckt und beschämt, dass er meinen Namen auf die Gebetsliste seiner örtlichen Gemeinde gesetzt hat, obwohl ich doch soweit von Gott entfernt zu sein schien. Ich spürte förmlich, dass diese Menschen für mich beteten, mir eine sehr große Form der Zuneigung entgegen brachten. Wärme zog in mir ein und so begann ich damit, mir Predigten anzuhören. Sie stellten den Geburtskanal für meine Wiedergeburt am 10. Februar 2014 dar.
Dieser Tag veränderte alles. Nach seiner Umarmung habe ich Jesus gesagt, dass ich bisher in Trennung von ihm gelebt habe. Ich durfte ihm alle meine Schuld bekennen. Ich habe ihm alles genannt was mir konkret an Sünden bewusst wurde. Ich ging auf die Knie, sprach zu Gott, „Wenn es Dich gibt…“, ich wusste ja nun, dass es ihn gibt, „…komm in mein Leben und in mein Herz. Mach das Beste aus meinem Leben, Dir zur Ehre. Mach mit meinem Leben, was Dir und nicht mir gefällt“. Meine Ängste und meine Sorgen waren plötzlich weg. Ich spürte weder Schuld noch Angst. Ich war erlöst und habe kein negatives Gefühl mehr in mir gespürt. Direkt nach diesem Ereignis traf ich mich mit meinem Kumpel in der Küche meines Elternhauses. Ich sagte ihm, dass ich alles sofort verstanden habe. Gottes Gnadengeschenk gilt für jeden Menschen, Gottes bedingungslose Liebe gilt auch für mich, obwohl ich mich die ganzen Jahre von Gott abgewandt hatte. Ein neues Leben ist zu jederzeit möglich. An diesem Abend übergab ich mein Leben Jesus Christus. Ich verstand auf ein mal alle Zusammenhänge. Ich verstand Jesus Christus, der unter Pontius Pilatus gelitten hat, der stellvertretend für die Schuld dieser Welt ans Kreuz von Golgatha geschlagen wurde. Der gekreuzigt, gestorben und begraben wurde. Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes, des Allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Nur Jesus Christus kann neues ewiges Leben schenken.
Ich war leicht. So leicht, dass ich nach diesen Ereignissen in die Heimat fuhr. Ich habe so vielen Menschen Schmerz durch Lügen, Betrug und Egoismus zugefügt. Ich erzählte ihnen von der Wiedergeburt und mir wurde verziehen. Ich fand das Interesse an sozialen Projekten. Dinge, mit denen kein Geld zu machen war.
Im Alter von 32 Jahren absolvierte ich ein Praktikum in einem Waldkindergarten. Schon in der ersten Pause des ersten Tages zog ich mich weinend auf die Toilette zurück. Ich war überfordert und kritisiert Gott, dass er das auch gerne anders mit mir machen könne. Er machte es anders und es wurde eine großartige Erfahrung daraus. Später arbeitete ich in einem Projekt mit straffällig gewordenen Menschen. Eine klasse Zeit. Fortan besuchte ich für 2 ½ Jahre eine Bibelschule in Marburg. Sechs Wochen vor Antritt passierte jedoch erneut Seltsames. Während eines Zweikampfes beim Fußball sprang ein Gegenspieler mir derart mit seiner Schulter ins Gesicht, dass meine Oberlippe bis zur Nasenspitze aufgerissen war. Ich verlor fast meine komplette obere, vordere Zahnreihe und musste mehrmals operiert werden. Ich nahm dies meinem Gegenspieler nicht übel, erfuhr aber, dass er nicht versichert war. Ich trug die Kosten meiner medizinischen Behandlungen selbst und verbrauchte dafür mein gesamtes Ersparnis. Geld dominierte nicht mehr mein Leben und ich vertraute auf Gott. Ich sagte zu ihm „Du wirst es mir irgendwie zurückgeben“. Unglaublich aber wahr, auf irgendwelchen Wegen wurde mir ein Mehrfaches des ausgegebenen Betrages zurückgegeben. Ich begab mich auf Missionsreisen. 2017 Rumänien, 2019 für vier Monate am Amazonas in Brasilien. Ich half Indianern dabei Brunnen zu bauen, ich habe Kokosnüsse mit ihnen in ihren Dörfern neben ihren Hütten gepflanzt, damit sie in ein paar Jahren davon profitieren können. Sie sind selbstständig dazu nicht mehr in der Lage. Die Regierung möchte sie dort, wo sie leben weghaben. Seit den Reservaten in Nordamerika haben die Menschen nicht dazu gelernt. Mit der Heimat nimmt man Ihnen ihren Sinn und ihre Bestimmung. Nichts ist schlimmer als Vertreibung. Sie können mit Handys und Fernsehgeräten nichts anfangen. Die Ureinwohner kommen mit dieser Situation und auch der Geschwindigkeit des Wandels nicht klar. Sie mischen sich morgens ein hochprozentiges Alkohol/ Amazonaswasser- Gemisch und betäuben sich für das, was am Tag passiert. Schon früh nehmen Säuglinge diesen Alkohol mit der Muttermilch auf und besiegeln so ungewollt ihre Perspektivlosigkeit.
Heute, am Tag dieses Interviews reise ich von Heilbronn für ein paar Tage in mein Heimatdorf. In mein Zuhause. Zu meinen Eltern. Ich werde im Garten helfen. Wir werden gemeinsam sein. Die Zukunft liegt in Gottes Hand. Ich nehme ein theologisches Studium in Angriff. Ich werde dort hingehen, wo mein Platz ist. Es ist der Platz, wo ich mich fragen darf „Was kann der Nächste von mir erwarten?“. Ich empfinde Glückseligkeit.
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